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Russische Onlinehändler gründen lokale Amazons

Moskau (08.03.2019) Russlands Onlinehändler gehen strategische Allianzen ein. Der Markt wird reifer und konsolidiert sich. Deutsche Anbieter müssen sich auf einen verschärften Wettbewerb einstellen.

Russlands Onlinehandel verzeichnet weiterhin starke Zuwachsraten. Im Jahr 2018 legte der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent auf rund 1,2 Billionen Rubel (15,5 Milliarden Euro; 1 Euro = 74,04 Rubel, Jahresdurchschnittskurs 2018) zu. Dies entsprach etwa 290 Millionen Bestellungen, so die Analyse von Data Insight. Bis Ende 2023 erwartet die Investmentbank Morgan Stanley ein jährliches Wachstum von 25 Prozent auf 3,5 Billionen Rubel. Der grenzüberschreitende Internethandel legte 2018 um 29 Prozent auf umgerechnet 4,7 Milliarden Euro zu.

1) Nur physische Waren; ohne grenzüberschreitenden Handel, Lieferungen von Fertiggerichten, Tickets für Transport und Veranstaltungen, Coupons, Consumer-to-Consumer und Multi-Level-Marketing; 2) nominal gegenüber dem Vorjahr; Abweichung durch Rundungen Quellen: Marktforschungsinstitut Data Insight; Verband der Onlinehändler (NAMO)

Der Anteil des E-Commerce am Einzelhandelsumsatz liegt derzeit noch bei etwa 5 Prozent. Mit der "Strategie zur Entwicklung des Onlinehandels bis 2025" möchte die Regierung diesen auf 20 Prozent steigern. Die Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum sind gut, denn russische Verbraucher sind internetaffin und technischen Neuerungen gegenüber aufgeschlossen. Bereits 76 Prozent aller Russen haben einen Internetanschluss. Bis 2024 soll gemäß dem nationalen Projekt "Digitale Wirtschaft" die Durchdringung mit Breitbandinternet bereits 97 Prozent erreichen.

Wachstumspotenzial längst nicht ausgeschöpft

Russlands Onlinehändler folgen diesem Trend und modernisieren ihre Webseiten und investieren in die Warenlogistik. Elektronische Marktplätze werden dabei immer beliebter. Denn diese bieten vor allem kleineren Internethändler die Möglichkeit, sich gegen die Marktführer zu behaupten.

Im Forbes-Ranking der 20 wertvollsten Internetunternehmen in Russland belegen die Onlinehändler Wildberries und Ozon die Plätze vier und fünf. Der russische Modeversand Lamoda - eine Gründung der deutschen Rocket Internet - liegt auf Platz neun. Die Otto Group hat 2018 ihr Geschäftsmodell in Russland neu ausgerichtet und seine Ableger Quelle und Otto vom Markt genommen. Dafür setzt der Hamburger Konzern auf die Onlinemarken Bonprix und Witt sowie auf die Plattform eSolutions, die B2B-Dienstleistungen in den Bereichen Marketing, Vertrieb, Logistik und IT anbietet.

Führende Onlinehändler in Russland

Unternehmen Produktportfolio Umsatz 2017 (Mrd. Rubel) Veränderung 2017/2016 (in %) Anzahl der Bestellungen (in Mio.)
Wildberries Bekleidung, Schuhe, Accessoires 63,8 40,0 39,8
Citilink Waren aller Art 55,2 35,0 5,2
DNS-Shop / Technopoint Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte 38,9 61,0 5,8
M.Video Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte 36,7 41,0 3,6
Eldorado Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte 23,7 2,0 4,3
Lamoda Bekleidung, Schuhe, Accessoires 23,6 6,0 4,0
Ozon Waren aller Art 23,4 44,0 8,6
Ulmart Waren aller Art 23,1 -37,0 5,9
Bonprix Bekleidung, Accessoires 16,5 10,0 4,0
Svyaznoy Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte 15,7 35,0 1,5

Quelle: Data Insight (http://datainsight.ru/top100/)

Russland bekommt gleich zwei "lokale Amazons"

Bereits jetzt ist der russische Onlinehandel fest in der Hand weniger großer Player, die ihre Marktpräsenz weiter ausbauen. Der Marktführer Wildberries hat 2018 Elektronik und Haushaltsgeräten in sein Sortiment aufgenommen. Die AFK Sistema Holding des Oligarchen Jewgeni Jewtuschenkow hat ihre Anteile am Onlinehändler Ozon erhöht und investiert in den Bau neuer Logistikzentren. Daneben startete Ozon mit dem Verkauf von Arzneimitteln, Schmuck und Fertiggerichten.

Im April 2018 haben der russische Technologiekonzern Yandex und die Sberbank die Gründung der Onlinemarktplätze Beru und Bringly vereinbart. Ziel ist es, die Plattform Yandex.Market zu einem "russischen Amazon" weiterzuentwickeln. Dabei bringt Russlands größte Bank die Kundendaten von 100 Millionen Kontoinhabern ein.

Das Angebot von Beru und Bringly umfasst vor allem hochpreisige Waren wie Elektronik, Kleidung, Schuhe oder Kosmetika. Bringly arbeitet dabei unter anderem mit der britischen Kosmetikkette Feelunique zusammen. Im September 2018 schloss Yandex.Market zudem eine Kooperationsvereinbarung mit dem größten türkischen Onlinemarktplatz Hepsiburada.