Um die ausreichenden Be- oder Verarbeitung nachweisen zu können, bedarf es häufig einer Präferenzkalkulation.
Tipp: Da Präferenzkalkulationen durchaus komplex sein können, ist es ratsam, vorab zu prüfen, ob im Bestimmungsland überhaupt Zölle erhoben werden. Falls nein, erübrigt sich die Ausfertigung eines Präferenznachweises. Um die Zölle im Bestimmungsland zu ermitteln, ist die Market Access Database ein gutes Hilfsmittel.
„Ausreichende Be- oder Verarbeitung“
Die „ausreichende Be- oder Verarbeitung“ wird durch Verarbeitungslisten definiert. Die tabellarisch aufgebaute Verarbeitungsliste (kurz: Liste) orientiert sich in ihrer Struktur am Zolltarif. Ausgangspunkt der Anwendung ist daher, dass dem hergestellten Fertigprodukt die richtige HS-Position (die ersten vier Ziffern der Zolltarifnummer/Warennummer) zugewiesen wird. Mit dieser Positionsnummer findet man in der Liste die zutreffende Be- oder Verarbeitungsregel, die mit dem Bestimmungsland vereinbart wurde.
Bedingungen in der Liste
Die Bedingungen der Verarbeitungsliste sind unterschiedlich ausgestaltet. Entweder ist die vorgegebene Regel der Positionswechsel oder eine Wertklausel oder eine Kombination beider Kriterien. Sonderregeln gelten für die Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) oder mit Japan (JEFTA).
Eine häufig vorkommende Listenbedingung ist der sogenannte Positionswechsel, bei dem das hergestellte Erzeugnis einer anderen HS-Position zugewiesen werden muss als die für die Herstellung verwendeten VoU. D.h., es geht um einen Vergleich der Positionen der VoU mit der Position des Enderzeugnisses. In der Regel müssen alle VoU den Positionswechsel erfüllen, sofern nicht eine Ausnahme (Toleranzregel, in den meisten Präferenzabkommen 10% des Ab-Werk-Preises) gilt.
Sog. Wertklauseln stellen auf die Wertschöpfung in der EU ab. Konkret wird der im Rahmen der Be- oder Verarbeitung höchstens zulässige Wert der verwendeten VoU festgelegt. Er ist ausgedrückt als Prozentsatz in Relation zum Ab-Werk-Preis (AWP) des hergestellten Erzeugnisse. Mitunter ist stattdessen oder zusätzlich das wertmäßige Verhältnis der verwendeten Vormaterialien mit und ohne Ursprungseigenschaft zueinander festgelegt. Bei der Bestimmung des AWP sowie des Wertes der Vormaterialien sind einige Regelungen für die Kalkulation zu beachten.
Ermittlung des Ab-Werk-Preises
In allen Präferenzregelungen ist festgelegt, dass der AWP der Preis des Erzeugnisses ab Werk ist, der dem Hersteller in der EU gezahlt wird, in dessen Unternehmen die letzte Be- oder Verarbeitung durchgeführt worden ist, sofern dieser Preis den Wert aller verwendeten Vormaterialien umfasst.
Nicht zum AWP gehören
- alle inländischen (in manchen Protokollen interne) Abgaben (z.B. Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern), die erstattet werden oder erstattet werden können, wenn das hergestellte Erzeugnis ausgeführt wird,
- Transport- und Versicherungskosten bei andern Lieferbedingungen als EXW (ab Werk),
- Zoll und Steuern im Bestimmungsland bei Lieferbedingung DDP (delivered duty paid - Lieferung verzollt und versteuert),
- in der Ausfuhrrechnung enthaltene Montagekosten, die in einem Partnerstaat anfallen.
Rabatte (Sofortrabatte, deren Höhe im Zeitpunkt der Lieferung bereits feststeht) müssen aus dem Rechnungspreis heraus gerechnet werden; handelsübliche Skonti und Boni ("nachträgliche Mengenrabatte") sind nicht herauszurechnen.
Hinweis: In vielen Fällen werden gleichartige Produkte zu unterschiedlichen Preisen an verschiedene Kunden geliefert oder VoU werden zu unterschiedlichen Preisen eingekauft. Bei der Ursprungskalkulation sind der konkrete AWP sowie die konkreten Werte der Vormaterialien für das jeweilige Geschäft anzusetzen.
Worst-Case-Kalkulation
Eine individuelle Kalkulation ist sehr aufwendig, wenn sie durch unterschiedliche Einkaufspreise für Vormaterialien, bzw. eine differenzierte Rabattgestaltung beim Verkauf verkompliziert wird. Zur Vereinfachung ist es nach der sogenannten "Worst case-Methode" jedoch nicht zu beanstanden, wenn in der Präferenzkalkulation über einen angemessenen Zeitraum die schlechtestmögliche Konstellation nach der Verarbeitungsliste zu Grunde gelegt wird.
„Schlechtestmögliche Konstellation“ bedeutet, dass
- der niedrigste kalkulierte Ab-Werk-Preis und
- gegebenenfalls der niedrigste fakturierte Wert der Vormaterialien mit Ursprungseigenschaft, sowie der höchste fakturierte Wert der VoU veranschlagt wird.
Beispiel: 40%-Wertregel
Lieferung 1: AWP 1000 Euro VoU 250 Euro
Lieferung 2: AWP 1100 Euro VoU 380 Euro
Lieferung 3: AWP 1300 Euro VoU 399 Euro
Eine Worst-Case-Kalkulation würde hier von einem AWP von 1000 Euro und einem VoU von 399 Euro ausgehen, was die 40%-Regel erfüllen würde.
Die Grundlagen der Worst-Case-Kalkulation sollten jährlich aktualisiert werden.
Eine Kalkulation auf Basis von Durchschnittspreisen auf der Basis unterschiedlicher Preisgestaltungen (Ausnahme: APS-Schema mit Entwicklungsländern) ist im Gegensatz dazu nicht zulässig.
Alle Angaben ohne Gewähr!
Text: Axel Sir, IHK Schwaben axel.sir@schwaben.ihk.de