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Interkulturelle Asienkompetenz: Wichtiger denn je!

Nürnberg (Mai 2025). In diesem Monat richten wir das Spotlight auf das Thema interkulturelle Asienkompetenz. Der folgende Aufsatz stammt von Thomas Brandt. Der studierte Volkswirt war von 1994-2020 in leitender Funktion bei den deutschen Auslandshandelskammern in Indonesien und Malaysia tätig, berät seit 30 Jahren Unternehmen beim Markteintritt in Asien, bietet Seminare zu interkulturellen Themen und China-Wahrnehmung an.

Seit der Jahrtausendwende befinden wir uns im asiatischen Jahrhundert und China ist der Megatrend unserer Zeit. International marktführende Grossunternehmen wie KMUs kennen Fakten und diese Megatrends. Sie wissen, dass sie in den dynamischen Märkten der Welt dabei sein müssen, dass „in Asien die Musik spielt“. Lähmende Bürokratie und Kostensteigerungen (Arbeits-, Steuer- und Energiekosten) sowie Supply-Chain-Diversifizierung lassen Unternehmen weiter in Asien investieren.

Das Asiengeschäft wird schwerer 

In geopolitisch schwierigeren Zeiten registrieren wir eine Abkühlung der Asienbeziehungen wegen durch Covid verhinderte Besuchsreisen und persönliche Treffen, eine Vernebelung durch geopolitisch inszenierte Narrative eines negativen Chinabildes, den Trend zunehmender Digitalisierung, Personalabbau, Home-Office-Rückzug, steigender Bequemlichkeit und abnehmendem Reisehunger bei uns. In Asien registrieren wir einen verschärften Wettbewerb bei höherem Selbstbewusstsein und verstärktem Lokalisierungsgrad mit weniger deutschen Expatriates und dem abnehmendem Imagevorteil „Made in Germany“; entsprechend sind interkulturelle Faktoren für eine gute Zusammenarbeit wichtiger denn je.

Scheitern in Asien: Die wahren Gründe

Mit dem Asiengeschäft Vertraute wissen, dass es gilt, sich bestmöglich auf die Länder Asiens einzustellen. Sie wissen allerdings auch, dass die Gründe für ein häufiges Scheitern in Asien nicht immer an fremden Geschäftsgebaren, Marktgegebenheiten und Investitions- sowie Rahmenbedingungen liegen, sondern häufig im eigenen Unternehmen selbst zu verantworten sind.

Analysiert man problembehaftete oder nicht zustande gekommene deutsche Asien-Engagements, scheitern gut ein Drittel, wenn nicht gar die Hälfte an Gründen, die das Unternehmen bzw. das Mutterhaus in Deutschland selbst zu vertreten hat. Fehler sind: Das häufige Fehlen jeglicher Asien- oder Internationalisierungsstrategien, eine unqualifizierte Auswahl von Entsandtkräften, eine ungenügenden Betreuung bzw. Besetzung der „draußen“ betreuenden Schnittstellen im Mutterhaus einschließlich den Vorständen, ein „Trial & Error“-Vorgehen bei der Auswahl von Geschäftspartnern und vielen weiteren Fehlerherden in der Kommunikation, im Controlling & Qualitätsmanagement, außerdem eine dürftige Besuchsbetreuung von Asiaten sowie eine nicht mehr zeitgemäße Ausrichtung von Regionalkonferenzen mit Vertriebspartnern des Unternehmens. Die Liste der Unzulänglichkeiten ist lang.

Spricht man mit Expatriates in Asien, sind viele der täglichen Probleme hausgemacht. Sie stammen aus dem Mutterhaus. Mängel werden häufig gar nicht bemerkt und falls doch, bloß nicht intern aufgedeckt und kommuniziert. Selbstreflektion ist häufig Fehlanzeige; Schuld sind fremde, andersartige Märkte und Geschäftsgebaren, schwierige und meist passive asiatische Vertriebs- und Geschäftspartner usw..

Das Geschäftemachen in Asien findet in einer höchst dynamischen Entwicklungsgeschwindigkeit und einem sich extrem schnell ändernden Umfeld statt und stellt Unternehmen und betagte Manager vor nie erfahrene Herausforderungen; es erfordert fortschrittsorientierte, "mit-der-Zeit-gehende" Manager.

Persönliche Beziehungen und Zeiterfordernis

Asiens digitales "Voranpreschen" und die Fintech-Nutzung dürfen Interessierte nicht fehlleiten und glauben lassen, die Region nun bequem online aus dem Homeoffice bearbeiten zu können, denn nach wie vor bleiben personengebundene Beziehungen in Asien sehr wichtig. Der Wettbewerb in Asien beschränkt sich eben nicht nur auf das Produkt: persönliche Geschäftsbeziehungen spielen eine herausragende Rolle für den Geschäftserfolg, denn Beziehungen bieten Sicherheit. Meine Erfahrung: Man geht hier erst miteinander essen, und das einige Male. Das ist Teil des Geschäftes; es dient dem so wichtigen Vertrauensaufbau. Bei uns ist das schwer verständlich, Manager dürfen häufig erst nach erfolgreichem Geschäftsabschluss den Geschäftspartner einmal zum Essen einladen. Der Aufbau von Vertrauen und persönlichen Beziehungen zu Geschäftspartnern bedarf viel Zeit, was finanziell einen langen Atem erfordert. Man muss zwar nicht wie im Orient zwei Wochen Tee miteinander trinken, aber Geschäfte in Asien erfordern viel Zeit, was in Asien engagierte Unternehmer wissen sollten. 

Deutsche Rigidität gewinnt keinen Blumentopf!                            

Mit einem „so haben wir es schon immer gemacht“ oder ein „so machen wir es bei uns, so machen wir es überall“ stößt man im Ausland schnell an seine Grenzen. Der Grundsatz „when in Rome, do as the Romans” gilt auch in Asien! Das Agieren erfordert eine Flexibilität bei der Preisgestaltung und bei Verhandlungen. Deutsche Manager neigen dazu, schnell den „final besten Preis“ zu nennen und wundern sich, wenn Asiaten dann trotzdem Discounts einfordern. Es ist üblich, in Asien Rabatte zu geben. Folglich empfiehlt es sich, mit speziellen so genannten Asien-Preislisten anzutreten, die es ermöglichen, guten Kunden bei wichtigen Projekten einen Discount einzuräumen. 

Kommunikation, WeChat, WhatsApp

Für eine zeitnahe und flexible Kommunikation mit den Kunden in Asien werden Regionalniederlassungen und (Vertriebs-) Partnerschaften mit viel Aufwand etabliert, um schnell und nah am Kunden zu sein. Regelmäßig sind die Kommunikationsformate Dauerthema bei Regionaltreffen: ASEAN-Kollegen berichten kopfschüttelnd, wie Mutterhäuser den Mitarbeitern die Nutzung der dort üblichen Kommunikations-Plattformen wie WhatsApp verbieten. China-Kollegen ergänzen, dass in China Geschäft und Alltag Bezahlungen über WeChat kommuniziert und abgewickelt werden. Es versteht sich von selbst: Der Jahrhunderte gültige Grundsatz, dass man in fremden Märkten nur erfolgreich in der Sprache des Ziellandes verkaufen kann, erweitert sich heute auf die erforderlichen Kommunikationskanäle.

Ausufernder Bürokratismus, Compliance-Wahnsinn und „Voucher-ismus“ 

 „Ich kann (mögliche) Geschäftspartner nicht mal mehr auf ein einfaches Mittagessen einladen wie früher“klagte neulich ein asiatischer Vertriebspartner. Überzogenes Controlling, unverhältnismäßige Compliance-Anforderungen und ausufernder Bürokratismus werden aus Deutschland in die Welt getragen. Als Folge sei Business Development im Sinne normaler Vertriebsarbeit teils gar nicht mehr möglich. Deutsche Prinzipien werden unbeliebter. Beste Verkaufsmitarbeiter, denen damit jegliche Eigenverantwortlichkeit abgesprochen wird, werden demotiviert und verlassen das Unternehmen. Der "Regelwahn" ist in den letzten Jahren völlig aus dem Ruder gelaufen, er erschwert den Vertrieb und wird zum Wettbewerbsnachteil „draußen“. „Natürlich folgen wir den Regeln, aber es ist nicht förderlich für eine Geschäftsentwicklung. Deutschland wird zum Marktführer in Bürokratie & Compliance“ so ein asiatischer Vertriebspartner.      

Von Asiaten lernen

Es wird Zeit, mehr denn je von Asiaten zu lernen! Von der Umsetzungsgeschwindigkeit im Geschäft, dem Digitalisierungsdrive, von Innovation und technischem Fortschritt und vielem anderen. Viele schätzen heute die asiatische Kultur, Sushi, Rice Bowl und grüner Tee sind in, viele praktizieren Yoga und Ayurveda, profitieren von asiatischen Ganzheitlichkeit in der Medizin usw. Für jene, die global weiter eine Rolle spielen wollen, ist es auch im Geschäft an der Zeit, gezielter von Asiaten zu lernen. 

Meine Einladung zu einem Selbsttest: Besitzen Sie eine Asienstrategie? Wie viele Wünsche zum Chinesischen Neujahr oder zum Ende des Fastenmonates verschicken Sie? Wie viel Prozent asienerfahrener Hong-Kong- und China-Expatriate-Rückkehrer wurden auf wichtige Außenschnittstellen im Unternehmen integriert? Über welche in Asien üblichen Kommunikationsplattformen darf Ihr Team offiziell kommunizieren? Wieviel investieren Sie für „People-Training“ im Vergleich zur Produktentwicklung oder zur Produktions- und Prozessoptimierung?

Text: Thomas Brandt, Asien-Experte und Autor mehrerer Bücher über Asien und China
Kontakt: goasiaverlag@gmail.com;
www.thomasbrandt.asia

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