
Zukunftsmarkt Polen
Nürnberg (November/Dezember 2023) - Seit Juni 2019 ist Dr. Lars Gutheil geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Polen und war davor schon seit rund 15 Jahren im Netzwerk der deutschen Auslandshandelskammern aktiv. Wir sprachen mit ihm über Polen als Markt für Zukunftstechnologien.Wie beurteilen Sie die Rolle Polens als Investitionsstandort im Zusammenhang mit der Energiewende? Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich für bayerische Unternehmen in diesem Sektor?
Polen hat sich in den vergangenen Jahren als Investitionsstandort Nummer eins in Mittel- und Osteuropa etabliert. In der aktuellen AHK-Umfrage unter Investoren in 16 Ländern der Region belegt Polen den ersten Platz, über 92 Prozent der Investoren würden sich wieder für das Land entscheiden. Einer der Vorteile des Standorts sind die immer noch niedrigeren Strom- und Energiekosten im Vergleich zu Deutschland. Allerdings leidet das Land unter dem hohen fossilen Anteil im Energiemix und hat entsprechend unter der Abkehr von russischen Energiequellen zu leiden gehabt. Diese schmerzhafte Erfahrung beflügelt nun aber die Energiewende in Polen. Das Land setzt vor allem auf Erneuerbare – so werden in den kommenden Jahren rund 56 Milliarden Euro allein in neue Offshore-Windprojekte investiert. Vertreter der Bürgerlichen Plattform, die in Zukunft wahrscheinlich die Regierung stellen wird, betonen vor allem den Netzausbau, eine Vereinfachung der Ausschreibungen im Windsektor sowie den Photovoltaik-Sektor als prioritäre Ziele ihrer Politik. Sie haben aber auch bestätigt, dass es beim Bau zweier großer Kernkraftwerke und mehrerer Kleinreaktoren bleiben soll, die ab den 2030er Jahren ans Netz gehen sollen. All diese Investitionen bieten für bayerische Unternehmen große Möglichkeiten, sich auf dem polnischen Markt zu betätigen. Eine Herausforderung ist freilich, dass sich die neue Regierung derzeit noch bildet und die letztliche Energiestrategie erst anschließend ausgearbeitet werden kann. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass die Abkehr von den fossilen Brennstoffen schneller kommt als unter der alten Regierung. Zudem könnte der Marktzugang etwas weniger bürokratisch werden.